Technothaumaturgie
Technothaumaturgie ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das sich mit der Verschränkung von technischen Geräten und magischen Wirkungen beschäftigt, die über eine Kombination von Techniken aus dem Bereich der Technik und Magie, wie sie vielfach schon realisiert wurde, hinausgeht. Die Chancen für die Umsetzbarkeit dieses Ziels werden von der internationalen Forschungsgemeinschaft für gering gehalten. Öffentliche Projekte gibt es daher kaum. Die Forschung findet im wesentlichen in geheimen Konzernlabors statt. Ein wichtiges Teilgebiet wird oft mit dem Schlagwort Matrix-Magie bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Ziele
Fernziel des Gebietes ist letztlich die Schaffung einer Art von Interface zwischen magischen Phänomenen und Technologie, die die Erzeugung und Steuerung magischer Phänomene durch technische Geräte sowie die Manifestation magischer Phänomene in technischen Geräten, insbesondere der Metaphorik der Matrix, ermöglicht. Magie soll nicht nur unter technische Kontrolle gebracht werden, magische Fähigkeiten sollen auch nicht magisch Begabten zur Verfügung gestellt werden.
Probleme
Grundsätzliches Problem ist sicherlich, dass Mana eine Affinität für Lebendiges zeigt. Unbelebte Materie dagegen, insbesondere wenn sie künstlich bearbeitet wurde, scheint die Manasphäre geradezu zu sterilisieren. Der Verwendung von Technik auf biologischer Basis steht wiederum der geringe Kenntnisstand über die Interaktion von Organismen und Mana im Weg. Auch nach sechzig Jahren Forschung und bald zwanzig Jahren Arbeit mit dem FAB-Modellsystem ist hier vieles nur im Ansatz verstanden. Oft bleibt eine Unsicherheit über das Eintreten magischer Wirkungen, die mit den technischen Anforderungen nicht zu vereinbaren ist. Und schließlich entstammen erfolgreich angewendete magischen Praktiken oft magischen Traditionen, die vom Großteil der magischen Community abgelehnt werden, was den Fortschritt der Forschung natürlich behindert.
Spezialfall: Matrix
Die geringe Prävalenz sowohl der magischen als auch der technomantischen Begabung macht das Auftreten eines Individuums mit beiden Eigenschaften statisch unwahrscheinlich. Es ist daher ungewiss, ob sich sie sich tatsächlich gegenseitig ausschließen. Es gibt Theorien, die eine Inkompatibilität der für die beiden Begabungen benötigten biologischen, insbesondere neuralen Strukturen postulieren. Zumindestens gibt es keinen verbürgten Fall, in dem ein Kind, das später magische Begabungen zeigte, durch die Tiefenresonanz oder eine der Künstlichen Intelligenzen in einen Otaku verwandelt wurde. Wenn sich die beiden Begabungen tatsächlich ausschließen, wäre das ein weiterer Bereich mit einer rätselhaften magisch-technischen Inkompatibilität.
Forschungsstand
Dass Magie und Technologie vereinbar sind, ist im Prinzip schon bewiesen worden. Der größte Teil der 6. Welt hat davon allerdings keine Kenntnis. Hauptsächlich weil die meisten Erfolge in dieser Richtung nie die Marktreife erreichten, entweder sie waren nicht vielversprechend genug oder sie wurden durch andere Interessen geheimgehalten oder zerstört. Dadurch dass die meiste Forschung hinter verschlossenen Türen im Verborgenen stattfindet und immer wieder sabotiert wird, sind die Fortschritte auf dem Gebiet insgesamt sehr gering.
Kombination magischer und technischer Methoden
Die parallele Anwendung von magischen und technischen Methoden ist mittlerweile weitgehend etabliert. Natürlich ist dies keine Technothaumaturgie im engeren Sinne, aber Forscher, die die Fernziele des Feldes nicht für völlig abwegig halten, sehen hierin den vielversprechensten Weg, diese Ziele irgendwann zu erreichen.
Die Entwicklung von Manatech ist in den 2060ern vorangeschritten. Verschiedene schon länger verwendete Labormethoden, wie zum Beispiel Messgeräte für die magische Hintergrundstrahlung, sind nun am Markt.[1] Die Verfügbarkeit erwachter Organismen, die oft Grundlage für Manatechprodukte sind, steht hier vorallem der Massenproduktion entgegen. Aber durch verbesserte Züchtungsmethoden und neue gentechnische und biotechnologische Entwicklungen ist dieses Problem vermutlich in den Griff zu bekommen. Die Seltenheit der magischen Begabung ist schon eher ein Hindernis für die Massenanwendung magischer Fähigkeiten für technische Prozesse. Nach wie vor werden Magier nur gezielt für besondere Projekte eingesetzt, bei denen sie unverzichtbar sind. Ein Extrembeispiel dafür ist die Cybermantie, die zudem sehr spezielles magisches Wissen benötigt.
Umgekehrt gibt es technische Anwendungen, die Magiern zur Verfügung stehen. Optische Hilfsmittel wurden vermutlich schon immer zur Unterstützung von Spruchmagie genutzt, aber die Verwendung spezialisierter Systeme auf der Basis von die Glasfaserkabeln begann Ende der 2040er.[2] Ein Beispiel für eine stärker integrierte Anwendung ist die Aztlaner Blutmagier-Gestalt, die ohne spezielle technische und medizinische Betreuung sicherlich nicht möglich wäre.
Auch die Grundlagenforschung in Physik, Chemie und Biologie konnte von der Unterstützung magischer Kollegen profitieren, viele Experimente konnten durchgeführt werden, die sich vorher nicht oder nur unter Aufwendung hoher Geldmittel realisieren ließen. Zum Teil konnte damit sogar der Verfall dieser Forschungszweige aufgehalten werden, die allesamt unter mangelnder finanzieller Zuwendung leiden, seit die Hauptforschungsetats durch die Konzerne vergeben werden.
Sii
Projekte
Im Artikel Matrix-Magie finden sich weitere Projekte, die sich speziell mit der Verknüpfung von Magie und Matrix beschäftigen. Der entscheidenste Durchburch ist hier vermutlich das Cyberdeck, das der Älteste Leonardo nach paraoptischen Prinzipien erschaffen hat.
Beiersdorf AG
Stefan Brückner, ein führender Forscher der Beiersdorf AG, arbeitete unautorisiert an "arkaner Cyberware", die es Personen ohne magische Begabung erlauben sollte Zaubersprüche zu nutzen. Der technische Aspekt bestand hierbei in der operativen Einführung von Fetischen und Foki in den menschlichen Körper, eine Form von kybernetischem Kontrollmechanismus wurde dabei vermutlich auch designt, um den Zugriff auf die Zauber zu ermöglichen. Die notwendige operative Technik wurde durch illegale Menschenversuche in Kooperation mit Hamburger Straßendocs und Schattenkliniken entwickelt. Durch den Verrat von Brückners Assistenten Niels von Wersch und die Intervention des Runnerteams Pik Dame konnte der tatsächliche Erfolg der Methodik letztlich nicht ermittelt werden, zumal Brückner selbst während seiner Forschung durch sein Elementar James für dessen eigene Zwecke beeinflusst wurde.[3]
Proteus AG
Die Proteus AG forschte unter anderem in Richtung magischer Datenbeeinflussung. Sie kooperierte in Prag mit dem irren, vercyberten Magier Krumpf, um Cyberware für Magier zu entwickeln. Zum Beispiel Cyberaugen, die den Träger beim Askennen unterstützen sollten. Insgesamt waren die Forschungsergebnisse mehr als unbefriedigend. Krumpf war aber immerhin - trotz seines Wahnsinns - im Stande, Daten in einem Cyberdeck magisch zu verschlüsseln oder zu versiegeln.[4]
Winternight
Winternight gelang es einen Prozess zu entwickeln mit dem die Energie einer thermonuklearen Reaktion fast vollständig in elektromagnetische Energie umgewandelt werden konnte. Dabei benutzten sie Orichalkum, Blutmagie und aufwendige Runenverzauberungen, die ja bekanntlich eine Spezialität der nordischen Tradition sind, und sie an ihren gestohlenen Nuklearsprengköpfen vornahmen. Die Tatsache, das die Geräte ohne Überwachung durch Magier funktionierten, wofür die Detonation und der Effekt eines Teils der EMP-Bomben während des 2. Matrixcrashs wohl der schlagende Beweis sein dürfte, könnte auf eine tatsächliche magisch-technische Interaktion im Sinne der Technothaumaturgie hindeuten.[5]
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Magisch-Technische Interaktion
Ein neuer Ansatz kommt von der griechischen Forscherin Sofia Theotokis. Sie hat ihre aktuelle Arbeit leider bisher nur im geringen Maße veröffentlicht. Die Grundidee ist, dass ein Computersystem eine Population von dualen Mikroorganismen steuert. Diese befinden sich in einer Suspension auf einer Oberfläche, die aus vom Computer regulierten Thermoelementen besteht. Die Mikroorganismen reagieren auf die Wärme und ordnen sich je nach Einstellung recht zügig in bestimmten Mustern auf der Oberfläche an. Dr. Theotokis Theorien zu folge tritt durch die Positionsveränderung der Population so etwas wie Mikrokanalisierung von Mana auf, wobei nach der Symbollehre, die geformten Muster dabei bedeutsam sind. Theotokis askennt den Manafluss und ihre per EKG aufgezeichneten Gehirnströme dienen dem Computer als Feedback. Ziel ist das System darauf zu trainieren bestimmte Manaflüsse zu erzeugen und langfristig natürlich auf diesem Weg Zauber zustande zu bringen.
Leseratte
apeman
sir vibe
Kulturelle Ablehnung
In vielen Magierkreisen stoßen die Versuche Technik und Magie zu vereinigen auf Ablehnung, besonders natürlich unter Schamanen, die solche Unternehmungen als grundsätzlich unnatürlich betrachten. Hermetiker sind meist aufgeschlossener, doch auch sie verspüren, oft ein Unbehagen, da die entsprechenden magischen Techniken oft aus dem Spektrum "dunkler" oder "verdrehter Magie stammen. Die Lebendigkeit der Magie ist eine Vorstellung, die viele Traditionen trotz ihrer sonstigen Differenzen teilen. Die ablehnende Haltung der Mehrzahl der magischen Gemeinschaften gegenüber der Cybermantie ist ein gutes Beispiel.
Andererseits scheint es auch auf der anderen Seite dieses Joint-Ventures Bedenken zu geben. Anhänger der traditionellen Wissenschaften und Ingenieure sehen die Magie oft als irrationale Größe an und halten die Unterschiede zu ihren eigenen Disziplinen für unüberbrückbar. Obwohl der früher oft fehlende Respekt für die Legitimität der hermetischen Wissenschaft heute immer öfter vorhanden ist, herrscht doch ein großes Misstrauen gegenüber dem fremdartigen akademischen Feld.
Agnes, die Weise
Sii
Wenn Magier und Techniker zusammenarbeiten, und zwar nicht nur am gleichen Projekt aber praktisch unabhängig voneinander jeder auf seinem Gebiet, sondern eine tatsächliche Kooperation an einer technothaumaturgischen Entwicklung, gilt es also erstmal viele Differenzen im Zugang zu diesem Thema auszuräumen. Viele Konzerne investieren von Zeit zu Zeit in solche Projekte, produktive Kooperation herzustellen, gilt aber als große Herausforderung.
Tanzt-In-Der-Matrix
Sunny
Frühere Zeiten
In der 4. Welt gab es Ansätze, die Ähnlichkeit mit den technothaumaturgischen Ideen aufweisen. Die magische Elite des Theranischen Imperiums, die Himmlischen Heerscharen, entwickelten sogenannte magische Augmentationen. Ihre Erfolge basierten oft, auf der Bereitschaft "widernatürliche" Methoden anzuwenden, um ihre Fortschritte zu erzielen. Ihr Wissen könnte bei den Himmlischen Heerscharen von Azania noch immer vorhanden sein. [6]
Andere Bedeutungen des Begriffs
Ursprünglich verstand man unter Technothaumaturgie, die fortschreitende, technische Entwicklung, die gerade diejenigen Wunder einlöste, die man sich von der Magie immer versprochen hatte. Nach 2011 wandelte sich der Begriff vollständig.
Quellen
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Technothaumaturgie in der Shadowhelix und steht dort unter GNUFDL. Die Liste der Autoren kann hier eingesehen werden.
Primärquellen zum Thema Technothaumaturgie sind:
- Arsenal - Quellenbuch zur 4. Edition von Shadowrun (nur englisch)
- Awakenings p.36 / Almanach der Hexerei
- Auf dem Sprung, Kapitel 42 - Roman von Harri Assmann
- "Deutschland in den Schatten"-Romantrilogie von Hans-Joachim Alpers:
Das zerrissene Land
Die Augen des Riggers
Die Graue Eminenz - System Failure / Systemausfall
- The Theran Empire p.21 - Quellenbuch zum Rollenspiel Earthdawn