Pragmatisiert

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Als "pragmatisiert" (Adjektiv) bezeichnet man im österreichischen und speziell im Wiener Sprachgebrauch unkündbare Beamte.

Geschichte[Bearbeiten]

Während der Herrschaft der Stahlmänner - jener parteilosen Wirtschaftsfachleute, denen der damalige Bundespräsident Helmut Zilk während der Wirtschaftskrise nach dem Zusammenbruch der Montanindustrie im Jahre 2000 die Regierung übertragen hatte - war Österreich nahe daran, seinen aufgeblähten Beamtenapparat nicht mehr bezahlen zu können. Die Steuereinnahmen brachen durch die unvorstellbar hohe Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und Steuergeschenke und -zugeständnsse an die Konzerne auf der anderen Seite massiv ein, und so versuchten die Stahlmänner die Beamtenschaft auf 10% des vorherigen Bestands zu reduzieren. Des - erwartungsgemäß - folgenden Aufstands der österreichischen Staatsbediensteten, die gewerkschaftlich gut organisiert waren, wurden allerdings auch die Stahlmänner nicht Herr. Nach dem die Staatsbeamten zudem auf ihr Wissen über die Korruptions- und sonstigen Affären der Politiker zurückgriffen, und es als Verhandlungs- respektive Erpressungsmaterial ins Spiel brachten, entschied man sich für eine "provisorische" Lösung, die darin bestand, daß die Ämter nicht aufgelöst wurden, sondern lediglich nicht mehr aus der Staatskasse bezahlt wurden. Die Verwaltungsdienststellen und Magistratsabteilungen sollten sich künftig durch Gebüren und Abgeaben selbst finanzieren! Innerhalb kürzester Zeit schaffen die Behörden sich einen unvorstellbaren Wust von sich widersprechenden Erlässen, Verordnungen, Verwaltungsprovisorien, Durchführungsanweisungen und Verträgen, und die einzelnen Stellen gehen dazu über, all die Gebüren, Abgaben, Stempelsteuern und Umlagen mit teils rabiaten Methoden selbst eintreiben. Die Österreicher - in dieser Hinsicht aus Kaiserzeit, Ständestaat, NS-Herrschaft, alliierter Besatzung und knapp 60 Jahren Parteienproporz schon schlimmes gewohnt - erleben ein noch nie dagewesenes Ausmaß an Beamtenwillkür. Verhandlungen hinter den Kulissen - von den Stahlmännern, dem Koordinationsrat der Lebensmittelversorger und den Gewerkschaften unter Vermittlung der katholischen Kirche geführt - schaffen es, wenigstens das schlimmste zu verhindern und eine gewisse Stabilität zu erreichen.

Shadowtalk Pfeil.png Zu Lasten der Arbeiter und kleinen Leute, die von dem zum Selbstzweck verkommnen Beamtenapparat wie die Zitronen ausgepresst werden! - Es reicht!
Shadowtalk Pfeil.png Venceremos - Darum: Anarchie - jetzt!

Dies bleibt auch so, während Wien 2004 während der Unruhen und Aufstände der Armen und Arbeitslosen in Folge von Versorgungsengpässen zeitweilig für Wochen im Bürgerkrieg versinkt, es zur Schaffung des SGWS - des berüchtigten "Sondergefangenenhauses Wien-Süd" - kommt und sich die wohlhabenden Stadtbezirke in Konzernhand 2008 auf der anderen Donauseite als Transdanubien vom verarmten Rest des praktisch unregierbaren Wien abspalten. Die Bundesregierung zog in der Folge nach Transdanubien um, wo sie vor dem Chaos in Wiens Straßen geschützt war, während die westlichen Bundesländer am 06.12.2009 erklärten, künftig keine Steuern mehr an den Bund zu zahlen, so daß sich Vorarlberg, und Tirol - künftig "Freiland Tyrol" - faktisch vom Reststaat abspalten. Die Annahme der Passauer Gesetze am 23.11.2011 sorgt dafür, daß es wieder zu einer vorsichtigen Annäherung zwischen Wien und Transdanubien kommt, der Warenverkehr fließt und sich die Wirtschaft langsam erholt.

Shadowtalk Pfeil.png Da Provisorien in Österreich bekanntlich am längsten Bestand haben, hat die 2000 als "provisorische Lösung" gedachte Regelung, daß die Ämter sich und ihr Beamtenheer selbst finanzieren sollen/müssen bzw. dürfen all die Katastrophen wie beide VITAS-Wellen, das Erwachen 2011/12 und die Goblinisierungsunruhen nach 2021 überstanden...
Shadowtalk Pfeil.png So Isas

Durch die Datenverluste im Crash von 2029, als der ein omnipotenter Computer-Virus weltweit die Datennetzwerke verwüstete, kommt es ironischer Weise zu einer imensen Stärkung der Verwaltungsdienststellen des Österreichischen Staates: Diese haben in den vergangenen 30 Jahren ihre Archive - unbeachtet vom Rest der Welt in Form von Leitzordnern, Karteikartensystemen und Handakten weitergeführt, und nun faktisch ein Datenmonopol besitzen. Die pragmatisierte Beamtenschaft nutzt diese gestärkte Stellung, um wichtige Informationen gegen Geld und Privilegien zu tauschen. Eine durch gesamt-österreichische Wahlen im Chaosjahr 2029 an die Macht gelangte Regierung - ein Christlichsozial/Nationales Wahlbündnis - bildet nutzt die gestärkte Stellung des Staates um Polizei und Verwaltung massiv auszubauen und Steuern teilweise mit rabiaten Methoden einzutreiben. Als bekannt wird, daß das - unglücklicher Weise komplett digitalisierte - "Allgemeine Grundbuch" im Crash gelöscht wurde, versinkt Wien in Folge des zügellosen Immobilienraubs erneut im Chaos, während die Bundesregierung unter dem Druck der Konzerne das Kartellrecht außer Kraft setzt, und die transdanubrische «Platte» eine nie dagewesen Fusionswelle erlebt. Erst, nach dem der Wideraufbau der Datennetze der Matrix mittels der ersten, neuen Cyberterminals (die damals noch Isolationstanks umfassten) langsam in Gang kommt, stabilisiert sich die Rechtslage langsam.

Shadowtalk Pfeil.png Das ist ein Treppenwitz! - Zum ohnehin bereits völlig unübersichtlichen legalistischen Durcheinander kam einfach eine Flut von weiteren Gesetzen, Erlässen, Novellen, Sonderregelungen und Verwaltungsprovisorien hinzu, so daß es zu allem und jedem wenigstens drei sich widersprechende Regelungen gibt, da in Österreich nie irgend ein Verwaltungsakt aufgehoben oder beseitigt wird... alles ist Auslegungssache, und der Nutzwert von Rechtsanwälten bei Auseinandersetzungen mit der Bürokratie tendiert spätestens jetzt gegen Null!
Shadowtalk Pfeil.png Just'in Time
Shadowtalk Pfeil.png Ich sag's ja: reine Beamtenwillkür und legalisierte Korruption! - Darum: Anarchie - jetzt!
Shadowtalk Pfeil.png Venceremos

Nach den Eurokriegen - an denen Österreich nicht teilnahm, sondern lediglich das Haus Habsburg die Tschechische Republik mit aus seiner Privatschatulle finanzierten Söldnern unterstützte - und dem Großen Dschihad folgte die kurze, bizarre Periode des Kaiserreiches Donau zwischen 2034 und '41, in dem unter Neo-Kaiser Leopold von Habsburg die Donaumonarchie wieder auflebte. In dieser Zeit wurde unter anderem der Status Quo des Grundbesitzes in Österreich mittels des "2. reformierten Wiener Grundbuchs" auf dem Ist-Zustand von 2034 festgeschrieben und endlich Rechtssicherheit für Immobilienbesitzer hergestellt.

Shadowtalk Pfeil.png Wobei ihr raten dürft, wer besser abgeschnitten hat: die Arbeiter, oder die Kons? - Und: nein, ihr habt's keine drei Versuche...!
Shadowtalk Pfeil.png Venceremos - Darum: Anarchie - Jetzt!

Nach dem die Donau-Union am 15. Mai 2041 aufgelöst und durch die - faktisch bedeutungslose - Gemeinschaft der Freien Österreichischen Länder (GFÖL) ersetzt worden war, wurde bis 2048 um eine neue österreichische Verfassung gerungen. In dieser Zeit versuchte eine der amtierenden Interimsregierungen unter der 83jährigen Kanzlerin Antoinetta Zoisel, Österreich in eine "schlanke, effektive und endlich wirtschaftsorientierte Präsidialrepublik" umzuwandeln. Die - erneut von der Abschaffung bedrohten - zahllosen großen und kleinen Verwaltungsdienststellen erklärten darauf hin 2044 den "Wirklichen und Geheimen Steuerkrieg"! Die einzelnen Ämter nahmen bewaffnete Einheiten - die sogenannten Exekuter - in Dienst, und die Straßenkämpfe des Steuerkriegs verwüsteten - nach der anti-metamenschlichen Mündelhatz von '41 - wieder einmal Prater, Donauinsel uns zahlreiche Straßenzüge der Innenstadt. In der Folge blieb auch unter den folgenden, demokratisch legitimierten Regierungen bezüglich der pragmatisierten Beamtenheere Österreichs alles beim alten. Dank der paramilitärischen Verbände, die die einzelnen Magistratsabteilungen auch in den 2050ern noch unterhielten, führten Differenzen über Zuständigkeitsfragen nun allerdings gelegentlich zu kleineren Feuergefechten zwischen den Executer-Trupps verschiedener Ämter, die sich nicht wirklich von einem Turf-Krieg der Gangs oder Strizzis unterscheiden!

Shadowtalk Pfeil.png Nei joh - der Unterschied is ja au so groß net... ab'r immerhin het's bei so aner G'legeheit im Orktober '57 de "Pfiff" Pavkovitz vo dr Freiheitlich-Nationale Front erwischt, hab i g'hört. - So hen'd de Kleikrieg vo' de Magistratsabteilige au' ihr gutes!
Shadowtalk Pfeil.png Peperoni - au wenn Wien halt doch net meine Welt is...

Gemäß einer 2049 anlässlich der gesamt-österreichischen Bundestagswahlen durchgeführten Volkszählung machen die pragmatisierten, unkündbaren Beamten 29% der erfassten österreichischen Gesamtbevölkerung aus.

Outgame[Bearbeiten]

In der Zeitlinie von Shadowrun befand sich die Wirtschaft Österreichs ab 2000 im freien Fall und die Alpenrepublik versank in einem Chaos von Seperatismus der westlichen Bundesländer, Beamtenwillkür, Unruhen, Aufständen und Perioden faktischer Unregierbarkeit. - In der Realität haben diese Ereignisse allerdings (zum Glück) nie stattgefunden. Der hier geschilderte Zustand bezieht sich ausschließlich auf den fiktiven Shadowrun-Hintergrund!

Quellen[Bearbeiten]